Der Hoka Tecton X im Test
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Erster Eindruck
Ein Allradantrieb mit einem Ferrari-Motor – so würde ich den Hoka Tecton X kurz und knackig beschreiben: Allradantrieb aufgrund der Traktion durch die Profilreifen (also die Sohle), Ferrari-Motor wegen des ständigen Vorwärtsdrangs.
Oder, anders ausgedrückt, Grip und Anschub: Diese sind die Haupteigenschaften dieses zyklopischen innovativen Laufschuhs, die mir aufgefallen sind, sobald ich den Hoka Tecton X ausprobiert hatte. Innovativ, weil er der erste Trailrunning-Schuh von Hoka ist, der eine Carbonplatte mit einer Profilsohle kombiniert. Und das Ergebnis ist umwerfend!
Hauptmerkmale
Rein optisch fällt sofort die lange und tiefe Schnürung auf, die fast bis zum Ende des Fußes reicht: So kann man entscheiden, wie viel Platz man dem Vorfuß lassen möchte. Viele Hoka-Laufschuhe sind bis zum Vorderfuß ziemlich eng, aber in diesem Fall hat man etwas mehr Freiraum zur Verfügung.
Außerdem sorgt die dünne Zunge für keine Reibung mit dem Rist: Im Vergleich zu anderen Laufschuhen, rutscht sie hier nicht nach Innen, sondern bleibt bis zum Ende der Laufeinheit fest an ihrem Platz.
Die Polsterung an der Achillesferse (wo ich wegen chronischen Verletzungen oft Probleme habe) ist sehr bequem und umschließt meine Ferse weich, aber fest. Dies ist bei Trailschuhen noch wichtiger, da sie steifer als andere Laufschuhe sind und man eine vernünftige und stabile Haltung noch mehr benötigt.
Zudem sorgen die Zehenkappe und die über den gesamten Oberschuh verteilten TPU-Verstärkungen dafür, dass die Zehen beim Kontakt mit natürlichen Hindernissen (Wurzelwerk, Geröll, Steinen) keinen Schaden erleiden. So kann man jedes Terrain mit Zuversicht angehen.
Nicht zuletzt rundet die orange Farbe (mit blauer Linie) diesen Laufschuh ab: Solche munteren Farben unterstützen auch psychologisch, dem Winter gegenüberzutreten und machen mehr Lust in der Dunkelheit und in der Kälte draußen zu laufen!
Lauferfahrung
Den Hoka Tecton X habe ich erst vor ein paar Wochen getestet, weil ich die passenden Bedingungen finden wollte, nämlich: rutschiger Untergrund (nass, eventuell auch mit Blättern), möglichst im Wald (mit nur kurzen Strecken auf dem Asphalt) und mit beschränkter Sichtweise (also am besten sehr früh am Morgen).
Nach ein paar Kilometer, wo ich meinen Laufstil leicht an den neuen Laufschuh angepasst habe, bin ich in den vollen Test-Mode gegangen, d.h. ich habe kleine Risiken eingegangen, vor allem um den Grip des Schuhs zu testen: Ich bin enge Kurven angegangen, habe auf kniffligen und schlammigen Waldabschnitten Vollgas gegeben und über einige natürliche Hindernisse gesprungen.
Natürlich ist nicht alles reibungslos gegangen, aber ich hatte definitiv ein Vertrauen in den Schuh, der mir ein Gefühl vermittelt hat, praktisch auf dem Asphalt einer Rennstrecke zu laufen, obwohl ich mit ganz anderen Bedingungen zu kämpfen hatte.
Dann habe ich ihn unter Wettkampfbedingungen beim Ratzeburger Adventslaufs über 26 km getestet: Auf der anspruchsvollen hügeligen Strecke rund um dem Ratzeburger See haben sich meine ersten Eindrücke bestätigt. Besonders der Grip und der Vorwärtsdruck waren sowohl bergauf als auch bergab auf der Cross-Strecke äußerst positiv: Auch auf den rutschigen Steinen und Baumwurzeln sowie auf den matschigen Passagen heilt der Hoka Tecton X sehr gut.
All dies hat mich eindeutig dabei unterstützt, die Strecke in 1:35:46 (d.h. in 3'40"/km) abzuspulen und den 2. Platz in der Gesamtwertung zu erreichen.
Tatsächlich hatte ich immer das Feeling der vollen Kontrolle und konnte insbesondere auf „Wald-Autobahnen“ und mit flottem Tempo die Natur genießen.
Laufgefühl
Der Tecton X bietet im Gelände (auch bei schnellen Downhills) ausreichend Stabilität, Grip, Schutz, Dämpfung, Trittsicherheit und eine für einen Trailschuh formidable Dynamik, die sich aus der gelungenen ProFly-Zwischensohlenkonstruktion, den eingesetzten "Double Plates" und dem sehr guten Meta Rocker ergibt.
Im Gegensatz zu anderen HOKA Modellen ist die Dämpfung des Tecton X nicht so extrem wie gewohnt. Stattdessen liegt mein Fuß tiefer im Laufschuh, was den Abstand zum Boden deutlich verringert und das Laufgefühl ist nicht so schwammig, sondern direkter.
Hinzu kommt der Tragekomfort, dank des leichten, aber formstabilen und atmungsaktiven Mesh-Gewebes.
Wichtig zu beachten sind die spezifischen "Eigenheiten“ der Carbon-Technologie, da das Laufverhalten teilweise aber gewiss beeinflusst wird.
Einerseits wird ein effizienterer Abstoß und eine Rückführung der eigenen Energie gewährleistet. Andererseits ist die Steifigkeit und damit die geringere Beweglichkeit im Gelände in Augen zu haben.
Offensichtlich ist der Hoka Tecton X nicht der reaktionsfreudigste Laufschuh von Hoka (z.B. im Vergleich zum Carbon X3 oder zum Rocket X, die ich ebenfalls getestet habe), weil er etwas an Rebound hauptsächlich aufgrund seiner Steifheit abgeben soll.
Dennoch konnte ich den Unterschied zu anderen Trailrunning-Schuhen deutlich merken und fühlen. Tatsächlich spiegelt sich Hokas "Time to fly" in diesem Laufschuh deutlich wider.
Fazit
Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass der Hoka Tecton X bald viele Fans gewinnen wird: Der/Die ambitionierte Läufer:in, der/die in der dunklen und kalten Jahreszeit Leistung und Sicherheit in einem Trailrunning-Schuh sucht, wird mit einem solchen innovativen Laufschuh höchstwahrscheinlich zufrieden und glücklich sein.
Damit ist der Hoka Tecton X das perfekte Werkzeug bei langen Trailruns und der ideale Booster im Trailrunning-Wettkampf.